streetmusic/Pressestimmen
Ambitus 96882 http://www.ambitus.de/ambitus/product_info.php/products_id/288
EAN 4011392968829
Helge Slaatto, violin
Frank Reinecke, double bass
Das Orchester 07-08/2006, Seite 92
street music
Werke von Nicolaus Richter de Vroe, Manfred Stahnke, Erkki-Sven Tüür, Erhan Sanri, Hanna Kulenty, Thüring Bräm und Wolfgang Heisig
Die Besetzung hat zweifellos etwas Komisches: Bei einem Duo aus Geige und Kontrabass kommen einem unwillkürlich andere außermusikalische Gespanne in den Sinn wie Don Quijote und Sancho Pansa oder auch Laurel und Hardy. Doch wenn auch auf der CD mit dem Duo Slaatto-Reinecke das Groteske keineswegs ausgeklammert bleibt, so lauscht man doch verblüfft und mit zunehmender Begeisterung den aparten Klängen, die eine solch exotische Kombination hervorzubringen in der Lage ist.
Die beiden Musiker hatten sich Anfang der 80er Jahre in Montepulciano kennen gelernt. Da jedoch das Repertoire für diese Besetzung bekanntlich dünn gesät ist, war man auf Neukompositionen angewiesen. Im Laufe der Jahre entstanden so eigens für das Duo geschriebene Werke, von denen einige hier erstmals eingespielt sind. Herausgekommen ist eine bunte und nie langweilige Folge von stilistisch höchst unterschiedlichen Stücken – eine Fundgrube für Kammermusiker, die in ihren Programmen auch einmal die ausgetretenen Pfade verlassen wollen.
Der CD-Titel street music stammt von dem gleichnamigen Werk von Manfred Stahnke, das dem Andenken der 1994 verstorbenen bildenden Künstlerin Hadmut Oelke gewidmet ist, in deren Hamburger Atelier regelmäßig Konzerte mit Neuer Musik stattfanden. Stahnke vermischt dabei Elemente des Jazz und alter Musik in einem fremdartig konsonanten Stil. Von Jazz und Rockmusik sind auch zwei weitere längere Stücke beeinflusst: Symbiosis des estnischen Komponisten Erkki-Sven Tüür beginnt mit der kontrastierenden Gegenüberstellung von ruhigen, obertönigen und schnellen, repetitiven Strukturen und mündet in einen groovigen Hauptteil, dessen Wurzeln im Jazz-Rock liegen. Sehr eindrucksvoll ist auch Going Up 1 der Polin Hanna Kulenty, in dem sich aus einem insistierenden Bass-Ostinato quasi-improvisatorische und zum Teil mikrotonale Motive der Violine lösen.
Zwei ironische Miniaturen stammen von Nicolaus Richter de Vroe und Thüring Bräm. Während Richter de Vroe mit Innere Wiener Straße mit minimalistischen Stilmitteln das Porträt einer verkehrsreichen Münchner Straße liefert, bezieht sich Bräm in Aria auf die terzenselige alpine Folklore, die kräftige Verzerrungen erleiden muss.
Skurrilität in Verbindung mit sehr strengen Strukturen zeichnet die drei Stücke des Türken Erhan Sanri aus. Sonnenbrand hinter dem Rolladen, Regenwurm quetscht sich durchs Nadelöhr oder Gefühlsausbrüche heißen die Stücke, in denen das Duo zum Teil durch den Schlagzeuger Nicolai Slaatto erweitert wird und die mit wenig motivischem Material und in einfachen Formen die Titel plastisch werden lassen.
Die Fünf Nadeldruckchoräle von Wolfgang Heisig schließlich sind Beispiele einer amüsanten Konzeptkunst, die auch den vokalen Einsatz der Interpreten verlangt. Zu spärlicher instrumentaler Begleitung wird hier beispielsweise das Lied Hänschen klein dem Prozess einer musikalisch-sprachlichen Entropie unterzogen oder das Fundstück „Nicht hinauslehnen“ auf die in ihm verborgenen semantischen Möglichkeiten hin analysiert.
Klaus Angermann
www.klassik-heute.de 29.11.2006
Ambitus amb 96 882
Street music
duo slaatto reinecke
Geige und Bassgeige sind keine irgendwie skurrile Duo-Kombination – es ist eine starke Konstellation, die die Persönlichkeit möglicher Komponisten mit einer geradezu magnetischen Intensität fordert, vergleichbar dem Zusammenspiel von Nordpol und Südpol. Die sieben hier versammelten Komponisten geben in ihren für das Duo Slaatto-Reinecke geschriebenen Werken durchschlagend und musikalisch sprechend Zeugnis von der elementaren Stofflichkeit und Direktheit der Instrumente, die gegensätzlicher nicht sein können und sich doch in ihrer Verankerung in Erde und Himmel die Hand reichen, wobei es, wie hier in einigen Augenblicken, auch zum kreativen Blitzschlag kommen kann. Etwa in Manfred Stahnkes Streetmusic II, einer quicklebendigen Trauermusik, die in ihren immer wieder melancholisch durchsetzten Beats zeigt, wie eine zeitnahe, gestisch und rhythmisch höchst persönliche Stilistik emotional, menschlich und modern im besten Sinne sein kann. Stahnkes Duo entstand zum Gedenken an die Hamburger Malerin Hadmut Oelke, deren Atelier auch ein musikalischer Ort war, wobei Stahnkes (Jg. 1951) Werk hier geradezu ein exemplarisches Beispiel dafür ist, dass in Hamburg eine andere Art „neuer“ Musik entwickelt wurde als in den bekannten mitteleuropäischen Zentren der musikalischen Avantgarde. Aber auch Nicolaus Richter de Vroe spricht hier eine so zeitnahe wie direkt eindringliche Sprache, dass stilistische Einordnungsversuche (wie etwa Postminimalismus) am Kern der Musik vorbeigehen. Erkki-Sven Tüürs (Jg. 1959) Klangzaubereien wiederum überzeugen in der Art und Weise, wie subtil vergeistigte Rockmusik-Gesten sich mit post-Ligeti-Streicher-Filigran kleiden, während die drei Duos Erhan Sanris (Jg. 1957) jeweils eigene Topographien der Violin-Kontrabass-Konstellation erschaffen, versehen mit comiquehaften Titeln wie Regenwurm quetscht sich durchs Nadelöhr. Hanna Kulentys (Jg. 1961) und Thüring Bräms (Jg. 1944) Duos sprechen in ihrer musikalischen Klarheit und lyrischen Expressivität unmittelbar an, während die gewiß originellen fünf Nadeldruckchoräle des Konzeptkünstlers Wolfgang Heisig (Jg. 1952) eher spaßige Zugaben mit einem gewissen Eintagsfliegen-Charakter sind. Aber wie dem auch sei, Helge Slaatto und Frank Reinecke spielen nicht nur hinreißend, sie haben mit der Anregung dieser Kompositionen auch Großes geleistet!
Hans-Christian v. Dadelsen (29.11.2006)
Künstlerische Qualität:10Bewertungsskala: 1-10
Klangqualität:10
Gesamteindruck:10
Bayerischer Rundfunk
CD-Tipp vom 28.2.2006
Street Music
Werke von Tüür, Stahnke, Sanri, Richter de Vroe, Kulenty, Heisig und Bräm
Duo Slaatto Reinecke
Helge Slaatto, Violine
Frank Reinecke, Kontrabass
Ambitus Amb 96 882
Eine einzelne Violine im Duett mit einem Kontrabass, das höchste mit dem tiefsten unserer Streichinstrumente? Die höchste Saite des tiefen klingt leer gespielt eine Oktave tiefer als die tiefste des hohen! Das kann doch nicht harmonieren, da fehlt doch der klangliche Kitt! So könnte man vermuten - allerdings nur, solange man das Duo Slaatto Reinecke noch nicht gehört hat. Bereits 1987 haben der aus Dänemark stammende Geiger Helge Slaatto und der Kontrabassist Frank Reinecke erstmals ein Stück zusammen gespielt, und schnell entdeckten sie, welche virtuosen und sonoristischen Möglichkeiten diese ungewohnte Besetzung bot. Sie begannen zu experimentieren und entwickelten einen neuen Stil. Alsbald fanden namhafte Komponisten Gefallen an der speziellen Herausforderung, für diese beiden Musiker der Extraklasse ein Stück zu schreiben, und mittlerweile ist ein eigenes, kleines aber feines Repertoire entstanden.
Dieser Tage nun legten Slaatto (seit 1993 Professor an der Musikhochschule Münster) und Reinecke (Kontrabassist im Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks) beim label ambitus ihre zweite CD vor. Nach einer Miniatur, die der Ligeti-Schüler Manfred Stahnke beigesteuert hat, trägt die Silberscheibe den Titel street music - und sie macht Lust auf mehr: mitreißende Musizierfreude, souveränes Können und Klangsensibilität finden da zusammen, Sinn für skurrilen Humor und ein waches Bewusstsein für die mannigfachen Formen tieferen Sinns. Nicolaus Richter der Vroe, Erkki-Sven Tüür und Thüring Bräm sind mit klangschönen und suggestiven Originalwerken vertreten, ebenso Erhan Sanri und Hanna Kulenty. Fünf der so genannten Nadeldruckchoräle des sächsischen Schrägdenkers Wolfgang Heisig - darunter die "Entropie von Hänschen klein" - runden oder biegen das Programm augenzwinkernd ab.
Helmut Rohm, Bayern 4 Klassik
Danmarks Radio
„Energie – es scheint, als ob diese CD einen Extraschuss musikalische Energie mitbekommen hat. ...Obwohl diese Musik vielleicht nicht komponiert wurde, um auf der Straße und in den Gassen aufgeführt zu werden, so hat sie doch eine stramme, straßenjungenartige Energie, sogar eine gewisse Frechheit, was alles in allem mehr als einen Zuhörer elektrisieren dürfte.
Energische Herren. Gute Energie.“
Augsburger Allgemeine Zeitung
„...street music: darin realisiert der Norweger Helge Slaatto mit seinem Kontrabass-Partner Frank Reinecke spektakuläre Klangabenteuer für diese beiden Instrumente, die man als Duo nicht alle Tage hört, Werke unorthodoxer Zeitgenossen...
Die Titel - etwa "Innere Wiener Straße", "Sonnenbrand hinter dem Rolladen" oder "Gefühlsausbrüche" - klingen nicht weniger dekorativ als die Musik: Da werden Tänze verballhornt, gibt es Klangtheater à la Mauricio Kagel, minimalistische Raster, ironisch gebrochene Romanzen. Slaatto/Reinecke zelebrieren Streicher-Raffiments vom lautmalerischen Flageolett über melodische Vokalisen bis zum percussionartigen Vorgehen.“
Jyllandsposten
„...die spielen mit rhythmischem Drive, klanglichem Erfindungsgeist und Humor. Die Musik ist offen, was das Wort „Straßenmusik“ schon andeutet. Ich bin dieser originellen und frischen CD verfallen.“