new release:
Wolfgang von Schweinitz: Plainsound Counterpoint /
Catherine Lamb: Mirror
NEOS 11505 EAN: 4260063115059 Erscheinungsdatum: 09. März 2015
Frank Reinecke, double bass
DER HÖRENDE KLANG
Aus der nach oben hin sich verdichtenden Naturtonreihe entfaltet Plainsound Counterpointeinen bisher ungeahnten Reichtum harmonischer und melodischer Intervalle. Er rührt an die Hör-Grenzen des gerade noch Unterscheidbaren. Dies macht ihn, zusammen mit den damit einhergehenden spieltechnischen Herausforderungen, zu einem Meilenstein in der Literatur für Kontrabass solo.
Mit seiner großen Saitenlänge und dem aus ihr hervorgehenden Reichtum an Naturflageolett-Tönen erscheint der Kontrabass geradezu prädestiniert für die Aufgabe, eine mikrotonale Harmonik auf Basis der reinen Stimmung zu realisieren: nicht nur konzeptionell, sondern auch praktisch. Aufbauend auf einem Erfahrungsschatz, der sich in langer, enger Zusammenarbeit mit Wolfgang von Schweinitz angereichert hatte, entstand die Idee eines großen Werkes für Kontrabass solo, bei dem die Recherche über präzis ausstimmbare, nicht-temperierte Zusammenklänge fortgesetzt werden konnte. Plainsound Counterpoint entstand 2010 als Kompositionsauftrag der musica viva München.
Das siebensätzige Werk ist durchweg zweistimmig komponiert. Die obere Stimme bewegt sich in Flageolett-Tönen etwa anderthalb bis drei Oktaven über den jeweils gegriffenen, meist mikrochromatisch fortschreitenden Bassnoten. Alles in einer Hand: eine auch im grifftechnischen Sinne maßgeschneiderte Komposition, ganz aus dem Wesen des Kontrabasses heraus entwickelt – und zugleich fragiles Neuland. Ein Tanz auf Messers Schneide. Eine exakte Realisation wäre undenkbar ohne die gemeinsam von Marc Sabat und Wolfgang von Schweinitz entwickelte »Extended Helmholtz-Ellis JI Pitch Notation«, die 21 verschiedene Vorzeichen verwendet. Die Partitur gibt darüber hinaus in Brüchen dargestellte Frequenzverhältnisse, Cent-Angaben und Fingersätze an.
In höchstem Maße identifiziert mit diesen komplexen spektralen Klängen ist natürlich der Kontrabass selbst: Im Laufe des Einstudierens hat sich sein resonantes Klangspektrum stetig erweitert; zunehmend verhielt er sich freier, sonorer, sensibler und lebendiger. Fast scheint es, als liebe er diese Klänge – der Kontrabass, ein Harmonieinstrument!
Der Spieler steht vor der Aufgabe, sich von den abgesicherten Ordnungsstrukturen fest gefügter Skalensysteme zu verabschieden und sich einer Art »Schwerelosigkeit« auszusetzen. Hier gilt es, sich radikal zu sensibilisieren für eine neue Qualität bewussten intonatorischen Hörens. Plainsound Counterpoint moduliert über Intervalle, die aus den ersten 23 Partialtönen gebildet werden können (»23-limit«) – jeder hier entstehende Intervallklang, ganz gleich ob fremd oder altvertraut, lässt sich präzise mit dem Ohr ausstimmen und ist damit als plausibles, »tonales« Intervall legitimiert. Maßgeblich dafür ist dessen jeweiliges Klangspektrum aus mitschwingenden Kombinationstönen, Obertonkonsonanzen und Schwebungen: sein charakteristisches »Gesicht«. Jeder Zweiklang rastet quasi ein beim Intonieren – und erblüht zu einem vielstimmigen Akkordklang mit unverwechselbarem Timbre.
Die Kategorien von Harmonie und Klangfarbe fließen hier ineinander, und in den harmonischen Fortschreitungen von Plainsound Counterpoint verwirklicht sich die Idee einer mikrotonalen »Klangfarbenmelodie«. Sie ist es, die die Hauptrolle spielt, weshalb der Komponist die Verwendung anderer formbildender Gestaltungsmittel auf ein Minimum reduziert hat. Jeder Klang potenziert sich in einem sinnlichen Prozess ur-tonalen Werdens, und so kann jeder Augenblick dieser Musik als ihr Mittelpunkt erlebt werden. Mit kategorisch geschärften Ohren lässt uns Wolfgang von Schweinitz an seiner Entdeckung neuer harmonischer Dimensionen teilnehmen.
Die Vielfalt möglicher Intervallklänge erlaubt auch den Entwurf größerer Formen, wie sie in Plainsound Counterpoint mit seinen sieben subtil aufeinander aufbauenden intonation studiesrealisiert ist: In ihrer Grund-Textur sind sie einander zwar sehr ähnlich, bauen jedoch ihre eigenen musikalischen Gravitationsfelder auf und erzählen so – »Prophetengesängen« gleich – ihre hintergründig ineinandergreifenden Geschichten, aufsteigend im Strom des harmonischen Kosmos.
Vielleicht sind die emotionalen Wirkungen allenthalben aufleuchtender Ur-Konsonanzen weniger ein Resultat sprachähnlicher Konditionierungen, als vielmehr ein Hinweis auf etwas, das uns physiologisch tief eingeschrieben ist. Das nuancenreiche Spiel verfeinerter Harmonien kann im Hörer Projektionsflächen mit breiten Deutungsspielräumen eröffnen. Man darf sich diesem komplexen Melos anvertrauen, ohne sich näher mit der Theorie befassen zu müssen.
Catherine Lamb hat ihr Solostück Mirror in einer frühen Schaffensphase geschrieben, als sie die Flageolette der Streichinstrumente erforschte. Mirror zelebriert die unterschiedlichen Klangfärbungen rein gestimmter Zweiklänge, mit all ihren synergetischen Verschmelzungen und rotierenden Schwebungen. Der Tanz irisierender Resonanzen im Instrumentenkörper wird zum musikalischen Ereignis. »Der klingende Korpus ist in ständiger Verwandlung begriffen und atmet auf sich verändernde Art, entsprechend seiner jeweiligen harmonischen Orientierung«. (Catherine Lamb)
Das Tonmaterial des Stückes ergibt sich aus den vier Obertonreihen der leeren Saiten des Kontrabasses, die in einer Skordatur mit den Schwingungsverhältnissen 10:7, 4:3 und 7:5 gestimmt sind: Hier werden Quarten der üblichen Kontrabass-Stimmung schmetterlingshaft zu den zwei »septimalen« Tritoni ausgeweitet.
Die Partitur zeigt graphisch freie Gefüge locker aneinander gereihter Paare von Zahlenchiffren, Klanginseln suggerierend: Sie bezeichnen die zu spielenden Saiten und Partialtöne. In Mirrorscheint die ästhetische Duplizität aus Konsonanz und Dissonanz aufgehoben. Ein Schlüsselintervall von Mirror ist die um ein Quäntchen zu kleine, anrührend »falsche« verminderte Oktave 49:25 – mit ihrer lieblichen Schwebung klingt auch sie eigentümlich konsonant, als eine »vox humana«. Die sechs kleinen Sätze von Mirror atmen die Poesie des Einfachen. Ihre Expressivität liegt im Material und ist von unausweichlicher Präsenz. (Frank Reinecke)
Wolfgang von Schweinitz (*1953)Plainsound Glissando Modulation
Raga in just intonation for violin and double bass, op. 49 (2006–2007)
for Helge Slaatto and Frank Reinecke
NEOS 10812 https://neos-music.com/
EAN: 4260063108129
Erscheinungsdatum: 08. Juni 2009
Helge Slaatto, violin
Frank Reinecke, double bass
World Premiere Recording
WERKSTATTNOTIZEN
Die Arbeit an der Plainsound Glissando Modulation war ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang, kein Routine-Fall der Neuen Musik. Sie forderte zähe Geduld und den ständigen Umgang mit der eigenen Unvollkommenheit. Die Zerbrechlichkeit des Materials führte zunächst in Bereiche unüberwindbar scheinender technischer Probleme, bald aber forderte sie sensuelle Verfeinerungen des Instrumentalspiels und des Hörens heraus. Die Proben gestalteten sich als Exerzitien der Langsamkeit. Neue Intervalle und Akkorde besaßen auf Anhieb große Verführungskraft, ebenso das bewusste und sinnliche Erleben der Differenztöne und Obertonkonsonanzen.
Die grifftechnische Grundlage war mit unglaublicher Akribie recherchiert und damit von vornherein überzeugend – ›eigentlich‹ sollte es gehen. Das Suchen nach den richtigen Intervallen: kein Herumstochern im atonalen Raum, sondern ständiges Finden, Einrasten, Aha-Erlebnis, einhergehend mit herzklopfender Faszination. Immer waren es die Klänge selbst, die Recht hatten – unsere Aufgabe bestand nur darin, ihnen nicht im Wege zu stehen. Rein gestimmte Intervalle sind in jeder Musik ohnehin das schönste, hier nun konnten viele neue Bekanntschaften geschlossen werden, die Intervalle mit dem 7., 11., 13., 17. und 19. Oberton.
Um sie sicher identifizieren zu können, hat der Komponist die durch sie entstehenden Differenztöne und Obertonkonsonanzen ganz genau in der Partitur notiert. Sie sind es, welche die harmonische ›Signifikanz‹ des jeweiligen Klanges bestimmen. Alle neuen Intervalle haben ihre unverwechselbaren Gesichter, deren Charaktere man erst im Laufe der Probenarbeit zu lieben oder fürchten lernt. Dieser Zaubergarten von Klängen kennt kein Ungefähr. Es gibt keine Meinungsverschiedenheiten über die Intonation von Dur-Terzen oder Leittönen, wie sie Musiker sonst erleben, wenn sie die Unstetigkeitsstellen des temperierten Systems auszugleichen versuchen.
Die Plainsound Glissando Modulation bietet in ihrer Kompromisslosigkeit beiden Spielern zugleich eine strenge Intonationsschule mit heilsamer Rückwirkung auf das klassische Instrumentalspiel. Darin unterscheidet sie sich von vielen Werken der Neuen Musik. Sie entfaltet ein erweitertes und kontinuierliches Ausdrucksspektrum: von aufblühenden Konsonanzen über stetig rauer werdende Klänge, zu scharfen Dissonanzen, bis hinein in geräuschhafte Zonen. Beide Parts stellen die Spieler vor ungeahnte technische Herausforderungen. Die Kontrabass-Stimme besteht aus einem Gewebe von Flageolett-Tönen, die melodisch oder/und innerhalb von Doppelgriffen erklingen sollen. Der Komponist bedient sich der verfügbaren, sehr eng beieinander liegenden natürlichen Flageolett-Töne der leeren Saiten – vom zweiten bis einundzwanzigsten.
Der Spieler ist gefordert, eine möglichst große Sicherheit ihrer Ansprache zu erreichen. Je höher der gewünschte Ton, desto riskanter seine Ansprache. Drückt man an den Stellen benachbarter Flageoletts die Saite gegen das Griffbrett, gewinnt man Basstöne, die zueinander sehr leicht verschoben sind, deren Tonhöhen aber immer in einem konsonanten Verhältnis zu ›ihrem‹ Flageolett-Ton stehen. Auf diese Weise ›konstruiert‹ der Komponist innerhalb eines Ganztonintervalls bis zu zwölf verschiedene Tonhöhen, die trotz ihrer extremen Nähe zueinander alle exakt eingestimmt werden können. Diese Basstöne bilden über alle sechs Regionen des Stücks hinweg, vom Sattel bis zur Saitenmitte, ein extrem langsames, mikrotonal abgestuftes Oktav-Glissando, welches das konzeptionelle Rückgrat des Werkes bildet.
Die Kontrabass-Flageolette, was für ein Zoo von eigenwilligen kleinen Wesen! Einige sind gutmütig, manche eher kapriziös oder bockig, einige wollen geradezu auf Knien gebeten werden, andere drängeln sich gerne ungebeten auf die Bühne. In dieser Musik benimmt sich das Instrument wie eine wetterfühlige Diva. Um die Töne jenseits des 11. Obertons zuverlässig zugänglich zu machen, mussten die dünnsten Stahlsaiten und der leichteste Bogen eingesetzt werden. Im Kampf gegen die Fragilität der Naturtöne mussten unterschiedlichste Kolophonium-Sorten verwendet werden.
Dem Geiger bleiben Hürden dieser Art zwar erspart, dafür muss er – den Dimensionen seines Griffbretts entsprechend – geradezu mikroskopische Sensibilitäten entwickeln. Die häufige Kombination von Flageoletts und normal gegriffenen Tönen als Doppelgriff fordert das Tastgefühl der Finger aufs Äußerste heraus. Da er seine Klänge nicht aus vorgeschriebenen Griffen ableiten kann, hängt der Geiger quasi in der Luft, denn er muss sie ausschließlich über das Gehör intonieren.
Mit der Glissando Modulation verlässt Wolfgang von Schweinitz das Prinzip fester Skalen und Tonleitern zugunsten einer flexiblen Anordnung verwandter Obertonreihen, indem er nach dem Urprinzip des harmonischen Modulierens von einer zur nächsten gelangt. So kann beispielsweise der 5. Oberton des einen Klanges zum 11. des nächsten werden. Moduliert nun die Musik auf diese Art, entstehen sofort erhebliche Abweichungen vom traditionellen ›Weltgebäude‹ der zwölfstufigen temperierten Stimmung. Somit ist der Tonvorrat im Prinzip unbegrenzt.
Die reine Stimmung offenbart weichere, anrührendere Konsonanzen, andererseits aber auch wesentlich schärfere Dissonanzen als die früheren tonalen und atonalen Konzepte der temperierten Musik. Wir haben es mit der ersten konsequent durchdachten mikrotonalen Funktionsharmonik zu tun. Hier treten Konsonanz und Dissonanz nicht mehr als Gegensatzpaar auf, sondern sie bilden durch ihre Vervollständigung einen kontinuierlichen Übergang. Der historisch unbeständige Grenzverlauf zwischen beiden war stets ästhetisch oder stimmungstechnisch bedingten Kriterien unterworfen, hier nun hat das akustische Prinzip der Konsonanz offensichtlich an Boden gewonnen. Als mögliche Neu-Definition schlägt Wolfgang von Schweinitz vor: Klänge können als konsonant gelten, wenn sie präzise ausstimmbar sind.
Es werden auch jene Konsonanzen verwendet, um die sich das vereinfachende temperierte System geradezu betrügt: zunächst die sehr sonor und weich klingende reine Durterz, die um etwa 14 cent verstimmt wird, damit sie hineinpasst. Dann die wunderbaren, nach dem 7. Oberton gestimmten septimalen Intervalle, welche unserer traditionellen Musik fast gänzlich vorenthalten bleiben. Hermann von Helmholtz moniert diesen Sachverhalt in seiner ›Lehre von den Tonempfindungen‹ von 1863: »Die Tonleiter der modernen Musik kann die durch die Zahl 7 bestimmten Töne nicht in sich aufnehmen.« Helmholtz stellt fest, dass die natürliche Septime mindestens ebenso gut klinge, wie die kleine Sexte, und dass die septimal verminderte Dezime sogar meistens besser klinge als »die ziemlich unvollkommene Consonanz der kleinen Decime«. Und er folgert: »Es sind also Gründe, die nicht in der Natur der Intervalle selbst, sondern in der Konstruktion des ganzen Tonsystems liegen.« In unserem Raga entfalten die Naturseptimen ihre volle Pracht, ebenso die charakterstarken, eigenwilligen viertel- und dritteltönigen Konsonanzen des 11. und des 13. Obertons.
Stets war Komponisten und Theoretikern die Unvollkommenheit des temperierten Tonsystems bewusst, was seinen Siegeszug jedoch nicht aufhalten konnte. Arnold Schönberg, der relativierend von einem ›Waffenstillstand‹ sprach, baute nichtsdestotrotz auf dessen Grundlage die Zwölftontechnik auf. Er riskierte die Dissonanz. Wolfgang von Schweinitz konstatiert, dass die Zwölftontechnik dem temperierten System sehr viel konsequenter und ehrlicher gerecht wurde, als einst die tonale Musik. Er selbst allerdings verlässt das Prinzip festgefügter Tonsysteme und riskiert die Konsonanz.
Frank Reinecke
SECHS REGIONEN
Berührungen
In Auseinandersetzung mit Phänomenologen und Praktikern entwickelt Wolfgang von Schweinitz seit Jahren neue Instrumental- und Ensemblespieltechniken zur Intonation von Klängen aus reinen Naturtonintervallen. Begeisterungsfähig wie kein Zweiter bringt er auf den Punkt, was die Alten über das pythagoräische und syntonische Komma sowie das zwischen ihnen bestehende Schisma erspürt und erkannt hatten – Boethius oder Zarlino, Mersenne, Tartini oder Kirnberger. Was für Temperaturen im Zuge der Feinabstimmung von Tasteninstrumenten vorgeschlagen wurden – er kennt sie. Er ist zuhause im akustischen Kosmos der Helmholtzschen Lehre von den Tonempfindungen, den panchromatischen Systemen Hábas oder Wyschnegradskys, den Schriften des indischen Gelehrten Sambamoorthy. Mit schlafwandlerischer Sicherheit und Lust sondiert er in den gekrümmten Tonräumen der computergestützten Klanggenese. Und mit seinen jüngsten Kompositionen hat er die Tore ins Reich der Berührungen mit dem Unendlichen ganz weit aufgestoßen.
Brennweiten
Brennweitenflexibel hatte Wolfgang von Schweinitz in den Siebzigern und Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts den Fokus auf das gerichtet, was Tonalität gewesen war von Bach bis Schönberg. Und flugs fing er sich das Stigma ein, zu den ›Neotonalen‹ zu gehören. Klischees kleben und Musikbetriebsamkeit kennt Scheuklappen. Sogar die 1990 im Rahmen der ersten Münchener Biennale für zeitgenössisches Musiktheater uraufgeführte Azione musicale ›PATMOS‹, ein wuchtiges Werk nach der Apokalypse des Johannes, fand im Lichte seiner Rubrizierung als ›postmodern‹ nicht die Beachtung, die es in Wahrheit verdient. Seit Mitte der 1990er Jahre schreibt Wolfgang von Schweinitz nun Musik, in der das mikrotonale Tonhöhenrepertoire sich aus dem Fundus reinen Intonierens ergibt und entfaltet; dergestalt, dass – quasi wie von selbst – eine Fülle noch nie gehörter, dem Ohr aber unmittelbar plausibler Harmonien entstehen.
Musik von bezwingender Wahrhaftigkeit ist entstanden; Stücke wie KLANG auf Schön Berg La Monte Young für Streichtrio mit live-elektronischer Ringmodulation; die Miniatur des Himmels Höhe glänzet – ein Gesang in reiner Stimmung auf die letzten geschriebenen Worte Friedrich Hölderlins für Sopran und zwei Violinen mit elektrischer Verstärkung ad libitum. Allen voran die mächtige Plainsound-Sinfonie für Bassklarinette, Ensemble und Orchester (2003–2005), in deren harmonischen Labyrinthen längst vergessene mit zukunftsweisenden Wegen sich kreuzen. »Ich sehe vor mir Arbeit für Jahrzehnte, fühle mich noch immer total am Anfang. Ein neues Feld liegt vor mir mit diesen Hunderten von Tönen, die jetzt unterschieden werden. Wie kann man sich da drin bewegen als Komponist, wie kann die Musik da drin fließen, und – das hängt alles zusammen – wie kann der Musiker, der es spielt, sich darin zurechtfinden…«‚ ›just intonation‹ – was Helmholtz als ›reine Stimmung‹ auf den Begriff gebracht hatte, hat sich in Amerika als ›J-I‹ etabliert.
Schmetterling
Mannshoher Kontrabass, federleichte Violine. Können ein fürs tiefste und ein fürs höchste Register zuständiges Streichinstrument harmonieren? Und wenn ja, wie? Wolfgang von Schweinitz machte sich die spiegelförmige Anordnung ihrer leeren Saiten zunutze. Gestimmt in den Quarten E1-A1-D-G bzw. den Quinten g-d1-a1-e2 geben sie seinem Raga in just intonation die Zentraltöne bereits vor. Es gibt eine Balance im Flug des Schmetterlings.
Ähnlich wie im modalen Musizieren auf Basis der abendländischen Kirchentöne, werden im weitaus differenzierteren System der traditionellen indischen Musik Zentral- oder Haupttöne, die als Leben spendend gelten, vom melos umrankt. Sie definieren den Stimmungsgehalt und das Wesen der an die Hunderte zählenden, nur bedingt in einem Ordnungssystem fassbaren raga. Als individuelle Klangpersönlichkeiten dürfen manche zum Beispiel nur vor Morgengrauen angestimmt werden, keinesfalls am Nachmittag. Andere sind den Jahreszeiten zugeordnet und alle stehen in Wechselwirkung mit den Kräften des Universums. Die Kunst des Spielers besteht darin, im Medium der reinen Stimmung aus einem Schatz überkommener Ornamente und Wendungen zu schöpfen und sie durch feinstes mikrotonales Färben der Tongebung in Resonanz mit dem Fluss des Lebens zu bringen.
Auch Wolfgang von Schweinitz rührt mit seinem raga an universale Erscheinungen. Dass dieses op. 49 schließlich als Plainsound Glissando Modulation in die Welt gekommen ist, hat zu tun mit einem Form bildenden Gerüst; einem Konzept, das, dezidiert als ideelle Basis, verborgen ist hinter dem »Gewand der oft farblich und emotional geladenen Klänge«. Beide Instrumente beginnen mit dem Klang ihrer leeren G-Saiten und sie ergänzen sich perfekt in ihrem Spiel. Doch haben sie verschiedene Rollen. Während – vereinfacht ausgedrückt – der Kontrabass, einem Gesetz des roten Fadens folgend, das Firmament der Töne durchmisst und auffächert, flicht sich die Violine mit ihren Potentialen ein in diesen Reigen und deutet so den Geist der neu entstehenden harmonischen Konstellationen und allen Farbenreichtum aus.
Schwingungsknoten
Oft hat konzeptuelle Kunstmusik zu tun mit der Vision des Grenzenlosen, die Repräsentation des Unendlichen bleibt aber angewiesen auf ein Referenzsystem. So entsprechen den sechs ›Regionen‹ des Stückes die sechs Grundpositionen, welche der Kontrabassist nacheinander mit seiner linken Hand einzunehmen hat, um alle auf seinem Instrument spielbaren Töne zum Klingen zu bringen: alle natürlichen Flageolette und alle mikrotonal unterscheidbaren, das heißt stimmbaren Tonstufen. Quasi glissandierend durchs Kontinuum und doch engst mögliche diskrete Tonhöhen unterscheidend, durchmisst er dabei aufsteigend die Oktave. Nachdem dieser Prozess im Klang der leeren Saite seinen Anfang genommen hat, beginnt der Spieler am obersten Ende, direkt am Sattel seines Griffbretts zu intonieren und wandert dann in sechs Etappen bis hin zur Mitte der Saiten. Am Schwingungsknoten der Oktave – als Flageolett oder niedergedrückt intoniert – rundet sich tönend der Kreis.
Eine neuartige Spielweise wird kultiviert, eine Virtuosität des fühlenden Eintauchens in die molekularen Regionen der Schwingungsphysik. So werden auf der höchsten Saite des Kontrabasses, der G-Saite, Flageoletts bis zum 21. Oberton als spielbar angenommen. Der entspricht einem viergestrichenen, um ein septimales Komma, d.h. um etwa 27,3 cent erniedrigten ›c‹. Unter erschwerten Bedingungen möge der Interpret den Finger auf einen der Schwingungsknoten legen, welche die Saite in einundzwanzig gleiche Teile teilen. Er muss die einzelnen Töne erspüren, erhören, beschwören – alle klingen sie gemäß ihrer individuellen Art. Das Potential der tiefsten Saite, der E-Saite, ist gröber gerastert. Hier gibt es unter den ansprechenden Partialtönen besonders »charaktervolle und widerborstige Gesellen«.
Durch solch feinnervige Möglichkeiten des Lokalisierens höherer und höchster Obertöne wird der Kontrabassist in die Lage versetzt, die kompliziertesten Intervallverhältnisse zu kontrollieren, indem er den Finger an solch einer Flageolett-Stelle durchdrückt und den entsprechenden Ton zum Klingen bringt. So kann er z.B. auf der Naturseptime der D-Saite, die ebenfalls einem etwa um 27,3 cent erniedrigten ›c‹ entspricht, einen Dreiklang mit eigener Obertonreihe errichten und in ein anderes Intonationszentrum modulieren. Ein unendlicher Reichtum neuer harmonischer Zusammenklänge tut sich auf. Mit Vierteltönen, die das Ohr als Konsonanzen erlebt, mit herben oder süffigen Sonoritäten, wunderbar lieblichen Klängen, die von einem natürlichen Ein-Verständnis künden ins innerste Gefüge der akustischen Welt.
Zahlendom
Was Violine und Kontrabass zu spielen haben und was erklingt, ist auf zwei mal zwei, also insgesamt vier Systemen notiert. Wolfgang von Schweinitz bedient sich einer erweiterten ›Helmholtz-Ellis J-I Pitch Notation‹, deren Vorzeichen er zusammen mit Marc Sabat weiter ausdifferenziert hat. Nicht weniger als 33 verschiedene Vorzeichenvarianten und ihre Kombinationen sind in Gebrauch, um all die intervall-relevanten syntonischen oder septimalen Kommata, Erhöhungen und Erniedrigungen um undezimale Vierteltöne der 11-er-Relation, tridezimale Dritteltöne oder Siebzehner-Schismata genau zu bestimmen. Das Notenbild, in dem normal zu intonierende Klänge, die Saiten-Lokalität der Flageolette, aber auch ihre real erklingen Töne samt Obertonzahl notiert sind, wirkt durchaus luzide und zieht in seinen Bann.
Entstehende Differenzton-Klänge sind verzeichnet, genaue cent-Angaben zu den Flageoletten und gelegentlich das mathematische Bruchzahl-Sigel zum Schwingungsverhältnis der Intervalle. All dies dient den Musikern zur Orientierung bei der Probenarbeit und liefert Informationen über das Timbre der intendierten Klänge. Lesenderweise, so, wie das ein Alfred Kolisch oder Adorno einst propagierten, lässt sich diese Musik kaum erschließen. Die Partitur erfordert Eingeweihte und fordert Magier heraus. Und gewiss geht es nicht – so Wolfgang von Schweinitz – um das Errichten »eines Zahlendoms und mathematische Spökenkiekerei, obwohl ich bei dieser Arbeit ständig mit Zahlen zu tun habe«. Denn die Musik führt in die Regionen einer Poesie, da Georg Cantors transfinite Punktemengen zu tanzen beginnen.
Flüssigkristall
Unzählige Lieder schlafen in den Tiefen dieser Klänge. Ein Hauch versunkener Posthorn-Assonanzen und die Ahnung utopischen Friedens. Wolfgang von Schweinitz vermeidet es, Konnotationen dieser Art ins Spiel zu bringen. Mit altmeisterlicher Akribie und Rationalität arbeitet er am Paradox, vielfach lichtbrechende Flüssigkristalle zu schleifen. Wer eintaucht in ihre Fluidität, kann unerhörte Erfahrungen machen und vergisst die Zeit. Kommt ihr abhanden. Lässt unter sich zurück der Berge Grenzen.
Helmut Rohm
02/2010
Nikolaus Brass (*1949)
songlines (2006/2007)
for solo strings
NEOS 11021 https://neos-music.com/
EAN: 42600636110214
Erscheinungsdatum: 30. April 2010
Helge Slaatto, violin
Klaus-Peter Werani, viola
Erik Borgir, violoncello
Frank Reinecke, double bass
In wechselnden Stimmen und Strophen geht der Gesang aufwärts ins jubelnde Licht und hinab zu den Schatten. Helge Slaatto (Violine) löst Klaus-Peter Werani (Viola) ab, gibt das Wort wieder an ihn zurück und ergreift es noch einmal für ein kleines Duett mit Frank Reinecke (Kontrabass). Dann wiederum, und bis zum Ende, wird das Lied allein weitergesungen, von Erik Borgir (Violoncello) und zuletzt noch einmal vom Bassisten. In kurzen, sehr persönlichen Booklet-Notizen teilen uns die vier Interpreten mit, wie sie die von ihnen gespielte Musik erleben: als Fanfare, als reißenden Strom, als eine Ausfahrt auf See, in unbekannte Weiten. Als Auseinandersetzung mit unendlichem Schmerz. Und als Schimmer der Hoffnung auf ein Darüber-Hinaus, auf ein Leben nach dem Tod.
street music
Ambitus 96882 http://www.ambitus.de/ambitus/product_info.php/products_id/288
EAN 4011392968829
Helge Slaatto, violin
Frank Reinecke, double bass
Nicolaus Richter de Vroe (*1955) Innere Wiener Strasse
Manfred Stahnke (*1951) Streetmusic II: Hadmut Oelke zum Gedächtnis
Erkki-Sven Tüür (*1959) Symbiosis
Erhan Sanri (*1957)
Sonnenbrand hinter den Rolladen
Regenwurm quetscht sich durchs Nadelöhr
Gefühlsausbrüche for violin, double bass and percussion*
Hanna Kulenty (*1961) Going Up 1
Thüring Bräm (*1944) Aria
Wolfgang Heisig (*1952) Fünf Nadeldruckchoräle:
Schuhsohle
Entropie von Hänschen klein
EKG
Nicht hinauslehnen
12 Silben für N.N.
Musikalisches Neuland entdecken
1987 spielten wir zum ersten Mal ein Stück für Violine und Kontrabass: Wir waren "bass erstaunt", welche klanglichen und virtuosen Möglichkeiten in dieser archaischen Besetzung schlummern, mit dem Klangraum von sieben Oktaven! Nur gab es fast kein Repertoire. Wir beschlossen, selbst Komponisten zu fragen. Intuition, Zufall und Glück: Bis heute kommen über vierzig Uraufführungen zusammen. Diese CD enthält einige Highlights dieser neuen Werke für unser Duo.
Together
Helge Slaatto, Violine
Frank Reinecke, Kontrabass
amb 97845 http://www.ambitus.de/ambitus/product_info.php/products_id/124
EAN 4011392978453
Hans Vogt (1911-1992) Sonatina per violino e contrabbasso
Isang Yun (1917-1995) Together
Erhan Sanri (*1957) Vier Vertonungen visueller Gedichte und einer visuellen Phantasie
Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) Sonata Violino Solo representativa
Niels Viggo Bentzon (1919-2000) Duo Concertante op. 531
SVEN LYDER KAHRS:
DEW SPARROWS BREATH
AURORA (2009)
Catalog no.: ACD5017
Genre: Art music :: Classical
Duration: 1:10:56
Format: MP3 - 320kbps
Sven Lyder Kahrs - Dew Sparrows Breath
Wie eine Blume, von der ich den Namen nicht weiß
Anton Lukoszevieze (cello)
Und fernhin, ehe es alles geschieht
Ensemble Recherche
In Nomine,- selbst den eigenen Namen wegzulassen
Ensemble Recherche
Umile e tardo
Duo Slaatto Reinecke
Wir nur ziehen allem vorbei, wie ein luftiger Auftausch
Ensemble Ernst, Thomas Rimul
Ici
Dimitri Vassilakis (piano)
Mais tes désirs ont la couleur du vent
Anton Lukoszevieze & Pierre Strauch (cello)
Sparrows
asamisimasa
Sanri - Ton-Eskapaden
Marianne Boettcher, Violine; Wolfgang Boettcher, Violoncello; Helge Slaatto, Violine; Stefan Fuchs, Violoncello; Montserrat Jaccottet-Riverola und Urte Lucht, Cembalo; Bernhard Klapprott, Orgel; Frank Reinecke, Kontrabass;
amb 97984
http://www.ambitus.de/ambitus/product_info.php/products_id/254
EAN 4011392979849
Erhan Sanri (*1957) Ton-Räume
Erhan Sanri (*1957) Flechtwerk
Erhan Sanri (*1957) Drei Stücke für Orgel
Erhan Sanri (*1957) Ton-Gefüge
Erhan Sanri (*1957) Zwei Vertonungen visueller Gedichte und Abstand
Erhan Sanri (*1957) Ton-Gebilde
Erhan Sanri (*1957) Drei Stücke für Violine
Giacinto Scelsi, Isang Yun, Iannis Xenakis, Manfred Stahnke, Hans Werner Henze, Bent Lorentzen
music for double bass
NEOS 11018 https://neos-music.com/
EAN: 4260063110184
Erscheinungsdatum: 10. Januar 2010
Frank Reinecke, double bass
Giacinto Scelsi (1905–1988)
Nuits (1972)
[01] C’est bien la nuit
[02] Le réveil profond
Isang Yun (1917–1995)
[03] Für Aki I (1981)
[04] Für Aki II (1981)
Iannis Xenakis (1922–2001)
[05] Theraps (1976)
Hans Manfred Stahnke (*1951)
[06] Streetmusic III (1995)
dedicated to Frank Reinecke
Werner Henze (*1926)
[07] S. Biagio 9 Agosto ore 1207 (1977)
Ricordo per un contrabbasso solo
Bent Lorentzen (*1935)
[08] Tiefe (1993)
dedicated to Frank Reinecke
Musik in der Neuen Welt
Trio Slaatto: Helge Slaatto, Violine; Anette Maria Slaatto, Viola; John Ehde, Violoncello
amb 96847 http://www.ambitus.de/ambitus/product_info.php/products_id/57
EAN 4011392968478
Béla Bartók (1881-1945) Sonata for solo violin (1944)
Bohuslav Martinu (1890-1959) Three Madrigals for violin and viola (1947)
Arnold Schoenberg (1874-1951) String Trio Op. 45 (1946)
Iannis Xenakis - Mythos und Technik
Film von Peider A. Defilla / Reihe "musica viva – forum der gegenwartsmusik"
DVD
Komponist: Iannis Xenakis
Autor: Peider A. Defilla
Interpret: Hiroaki Ooi - Frank Reinecke
Dirigent: Johannes Kalitzke - Arturo Tamayo - Lothar Zagrosek
Idee: Peider A. Defilla
Orchester/Ensemble: Ensemble Resonanz - Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Produzent: B.O.A. Videofilmkunst München
Regisseur: Peider A. Defilla
Peider A. Defilla gibt mit den Filmen dieser DVD Einblick in das Schaffen von Iannis Xenakis. Gezeigt werden die musica-viva-Aufführungen der Werke "Syrmos", "Synaphai“, "Theraps“ und "Nekula“ und die jeweiligen BR-alpha Sendungen zu diesen Kompositionen.
Im Interview wird der Archtiekt Florian Rist zu Iannis Xenakis als Architekt am Beispiel des Philips-Pavillons auf der EXPO 1958 in Brüssel befragt.
Zusätzlich finden sich im Datenteil der DVD weitere Informationen zu Iannis Xenakis, den Interpreten und der DVD-Edition mit vielen nützlichen Internet-Links.
Pressestimme
«Seit ihrer ersten Ausgabe hat sich die bei Wergo erscheinende DVD-Reihe «musica viva – forum der gegenwartsmusik» zu einer wertvollen Sammlung von Ton- und Bilddokumenten über das zeitgenössische Komponieren gemausert […]. … es sind gleich mehrere differierende Blickwinkel, die sich durch die Kommentare der Dirigenten Johannes Kalitzke, Arturo Tamayo und Lothar Zagrosek sowie des Kontrabassisten Frank Reinicke auf die Kompositionen […] ergeben. Gerade diese Vielfalt zahlt sich aus, denn sie lässt ein differenziertes Bild von Xenakis entstehen, das sowohl die Besonderheiten seiner Arbeit berücksichtigt, als auch den unterschiedlichen Schwierigkeiten Rechnung trägt, die sich den Interpreten bei der häufig bis an die Grenzen der Realisierbarkeit vorstoßenden Umsetzung der Werke stellen und dadurch mitunter eine völlig neue Art des musikalischen Zugangs erfordern. Unterstrichen wird dieses abwechslungsreiche Konzept noch durch die stark voneinander abweichenden Besetzungen der eingespielten und erläuterten Kompositionen, wodurch jeweils andere Fragestellungen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken.»
Stefan Drees in «positionen» 80 (2009)
Inhalt:
DVD-Filmteil:
BR-alpha Sendungen "Syrmos", „Synaphai“, „Theraps“, „Nekula“
Konzertfilm
Interview – DVD-Datenteil:
Informationen zu Iannis Xenakis, zu den Interpreten und zur DVD-Edition
Deutsch/English
PC/Mac
Dolby Digital Stereo
DVD-9 – PAL
http://www.wergo.de
Image - Echo / Bilder - Echo
Wolfgang Rihm - Kurt Kocherscheidt
CD
Wergo WER 66232 http://www.wergo.de
Komponist: Wolfgang Rihm
Interpret: Sarah O'Brien - Frank Reinecke - Gottfried Schneider
Booklettextautor: Wolfgang Rihm
Dirigent: Michael Gielen
Orchester/Ensemble: ensemble recherche - SWF-Sinfonieorchester Baden-Baden
ensemble recherche / Sarah O'Brien: harp / Frank Reinecke: double bass / Gottfried Schneider: violin / SWF-Sinfonieorchester / Michael Gielen: conductor
"Jede Kunst ist 'Bildende Kunst'. Im Augenblick der Rezeption sogar im Wortsinn." Wolfgang Rihm
Am 11. Mai 1973 erschien Wolfgang Rihm - der nach Studien bei Eugen Werner Velte und Karlheinz Stockhausen zu Klaus Huber nach Freiburg gekommen war - zur Eröffnung der ersten Kocherscheidt-Ausstellung im Freiburger Morat-Institut. Diese Begegnung war der Beginn einer nahezu zwanzigjährigen engen Künstlerfreundschaft zwischen dem Maler und dem Komponisten.
Die Freiburger Ausstellung war nicht nur die erste umfassende Übersicht über das Frühwerk von Kurt Kocherscheidt (1943-1992), sondern auch bereits eine Bilanz seiner einjährigen Südamerikareise, die er im März 1973 beendet hatte.
1975 entstand die Zeichnung "Klavierküste 3 für Wolfgang Rihm", 1977/78 schrieb Wolfgang Rihm das Klavierstück Nr. 6 "Bagatellen" für Kurt Kocherscheidt ... als Dank für "Klavierküste 3".
Im Sommer 1991 schuf Kocherscheidt seine Holzskulptur "Kolchis", am 15. Januar 1992 fand die Uraufführung des gleichnamigen Stückes von Wolfgang Rihm statt.
Inhalt:
Kolchis für Harfe, Klavier, Schlagzeug, Violoncello und Kontrabass
Antlitz. Zeichnung für Violine und Klavier
Klavierstück Nr. 6 'Bagatellen'
von weit. 'Antlitz'-Version, umschrieben für Violoncello und Klavier
Dritte Musik für Violine unnd Orchester
Karlheinz Stockhausen, Karl Amadeus Hartmann, Aribert Reimann, Jörg Widmann, Matthias Pintscher, Iannis Xenakis, James Dillon, Beat Furrer, Giacinto Scelsi, Chaya Czernowin, Kaija Saariaho, Liza Lim, Rebecca Saunders, Adriana Hölszky
musica viva festival 2008
Bestellnummer: NEOS 10926 https://neos-music.com/
EAN: 4260063109263
Erscheinungsdatum: 02. September 2009
SACD 5
total playing time 69:20
Kaija Saariaho [*1952]
[1– 2] VENT NOCTURNE [2006] 22:50
for viola and electronics
[1] I 08:09
[2] II 14:41
Liza Lim [*1966]
[3] OCHRED STRING [2007] 12:45
for oboe, viola, violoncello and double bass
Rebecca Saunders [*1967]
[4] BLUE AND GRAY [2006] 10:10
for two double basses
Adriana Hölszky [*1953]
[5] COUNTDOWN [2007] 31:40
Scenic concert piece after texts by Ver du Bois
Nimrod Guez, viola [1–2/3]
Josh Martin, live electronics [1–2]
Stefan Schilli, oboe [3]
Sebastian Klinger, violoncello [3]
Philipp Stubenrauch [3/4]; Frank Reinecke [4], double bass
Daniel Gloger, countertenor [5]
Malte Burba; Georg Birner; Lutz Mandler; Paul Hübner, alphorn, trumpet [5]
Armin Rosin; Berthold Schick; Dieter Eckert; Viacheslau Chumachenko, alphorn, trombone [5]
Markus Stange; Anna Zassimova; Yukiko Naito; Jürg Henneberger, piano [5]
Thomas Hastreiter; Sebastian Hausl; Wolfram Winkel; Alexander Glöggler; Philipp Jungk; Martin Ruhland; Werner Hoffmeister; Stefan Blum, percussion [5]
conducted by Rüdiger Bohn [5]
live recording
10 February 2008 [1–4]
Museum Villa Stuck,Munich
8 February 2008 [5]
Muffathalle,Munich
Peter Warlock, J. S. Bach, Arcangelo Corelli, Francesco Manfredini,Johan Pachelbel
Merry Christmas
NEOS 90901 https://neos-music.com/
EAN: 4260063909016
Erscheinungsdatum: 09. Dezember 2009
2,– Euro von jeder verkauften CD
gehen als Spende an den
SOS-Kinderdorf e.V.
Merry Cristmas
[01] Peter Warlock (1894–1930)
Bethlehem Down *
[02] J. S. Bach (1685–1750)
Ich steh an deiner Krippen hier * from “Weihnachtsoratorium”
[03] J.S. Bach
Chorale O Gott, du frommer Gott *
[04] J.S. Bach
Chorale Kyrie. Gott Vater in Ewigkeit *
[05] J.S. Bach
Chorale O Mensch, bewein’ dein Sünde groß *
[06] J.S. Bach
Air from Suite No. 3 for orchestra in D major, BWV 1068
[07–12] Arcangelo Corelli (1653–1713)
Concerto grosso in G minor, op. 6 No. 8 “Weihnachtskonzert”
[13] Francesco Manfredini (1684–1762)
Allegro from Concerto grosso in C major “Weihnachtskonzert” op. 3 No.12
[14] Johann Pachelbel (1653–1706)
Kanon for two violins, viola and basso continuo
[15] O du Fröhliche
Henschel Quartett
Ambassadors of SOS-Kinderdorf e. V.
Soloists of the Tölzer Knabenchor
Marga Henschel, harpsichord
Frank Reinecke, double bass
24.12.2009
Odu fröhliche - Das Henschel-Quartett mit den Tölzer Sängerknaben
Schade, dass das Prinzregententheater nur mäßig besetzt ist. Denn die Weihnachtsgala zugunsten des Vereins SOS-Kinderdorf mit dem Henschel-Quartett, der Cembalistin Marga Scheurich-Henschel, dem Kontrabassisten Frank Reinecke und dem Tölzer Knabenchor ist ein tolles Weihnachtskonzert. Festlich, aber nie kitschig. Dazu, Überzuckerung zu vermeiden, tragen erst einmal die Instrumentalisten bei. Sie bringen bei Bachs Air aus der Ouvertüre in D-Dur, BWV 1068, eine schlicht gefasste Innigkeit zum Ausdruck und interpretieren den berühmten Pachelbel-Kanon, das Allegro con spirito aus Haydns G-Dur-Quartett op. 76 Nr. 1 oder das Allegro aus Mozarts A-Dur-Quartett KV 464 prägnant. So werden die musikalischen Gesten deutlich erkennbar, darf bei Corellis "Weihnachtskonzert", dem Concerto Grosso in g-Moll, op. 6 Nr. 8, durchaus auch eine gewisse klangliche Herbheit entstehen. Das ist schön und überzeugend.
Auch die Texte, die die Schauspielerin Carolin Fink mit Nachdruck rezitiert, wirken keineswegs versonnen. Theodor Storms "Knecht Ruprecht" taugt in Finks Vortrag glatt zum Thriller, und Marie Luise Kaschnitz" "Was war das für ein Fest" zeichnet ein sehr starkes Bild von der Gefahr, in der modernen Zeit den Wert eines Familienfests zu vergessen. Fast tröstlich wirkt dagegen die unbeschwerte Frische, mit der der Tölzer Knabenchor seine Weihnachtslieder und Choräle singt. Chorleiter Ralf Ludewig gibt dabei ungemein starke dynamische Kontraste vor, Begleiter Clemens Haudum ergänzt die Chorsätze mit dem Akkordeon um hübsche, pastellige Farben. Und dennoch erzählt der Chor mit Esprit dankenswerterweise weit mehr von kindlich-stürmischer Vorfreude denn von ruhiger Besinnlichkeit. "Jauchze laut, Jerusalem!", heißt es in Händels "Tochter Zion". Selten wird dieser Text gesanglich so wörtlich umgesetzt. Großartig.
ANDREAS PERNPEINTNER
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